Sterbegeld – Sind Tarife ohne Gesundheitsfragen besser?
Versicherer bewerben ihre Sterbegeldversicherung häufig mit dem Verzicht, also ohne Gesundheitsfragen. Der leichte Zugang zum Versichertenkollektiv muss jedoch ohne Gesundheitsprüfung “teuer” bezahlt werden:
Lange Wartezeiten, ein junges Eintrittsalter und pauschale Risikozuschläge sind für Versicherte ohne schwere Vorerkrankungen kein gutes Geschäft.
Zumal die Gesundheitsprüfung bei einer Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsfragen weitaus weniger streng ausfällt als bei anderen Versicherungen.
Vorteile der Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsfragen
Die Gesundheitsprüfung bei Sterbegeldversicherungen besteht zumeist aus einem Fragenkatalog zu bestimmten Vorerkrankungen – ein Arzt muss nicht zuletzt aufgrund der überschaubaren Versicherungssummen selten aufgesucht werden.
Verzichtet der Versicherer auf Fragen, erhält jeder Antragsteller (der ggf. ein festgelegtes Höchstalter nicht überschritten hat) Zugang zum Versichertenkollektiv.
Das hat mehrere Vorteile: Zum einen entfällt die lästige Suche nach Arztrechnungen und das Einholen von Auskünften über die eigene Krankengeschichte bei der Krankenkasse.
Zum anderen können Versicherungsnehmer eine Leistungsverweigerung des Versicherers aufgrund einer Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten ausschließen.
Was sind die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht?
- Bei Eintritt des Versicherungsfalls innerhalb von fünf Jahren ist der Versicherer leistungsfrei
- Bei arglistiger Täuschung und Vorsatz verlängert sich die Frist auf zehn Jahre
§ 19 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) räumt Versicherern das Recht zur Leistungsverweigerung im Versicherungsfall ein, wenn der Versicherungsnehmer seine vorvertraglichen Anzeigepflichten verletzt hat. Eine solche Verletzung liegt vor, wenn auf im Antrag gestellte Gesundheitsfragen nicht vollständig und wahrheitsgemäß geantwortet wird.
Die Rechtsprechung legt das Gesetz sehr hart aus: Wer auch nur eine einzige Behandlung oder die Einnahme eines Medikamentes anzugeben vergisst, riskiert bereits den Versicherungsschutz. Gerichte verweisen immer wieder darauf, dass es Versicherungsnehmern zuzumuten sei, eine lückenlose Dokumentation ggf. bei ihrer Krankenkasse anzufordern.
Allerdings: Handelt es sich um eine (grob) fahrlässige Anzeigepflichtverletzung, kann der Versicherer sich nur bei Eintritt des Versicherungsfalls innerhalb von fünf Jahren nach Vertragsabschluss auf diese Klausel berufen. Wurde die Anzeigepflichtverletzung vorsätzlich oder arglistig begangen, gilt eine zehnjährige Frist.
Versicherungsnehmer fürchten § 19 VVG in der Regel nicht, weil eine arglistige Täuschung geplant ist. Vielmehr besteht die Sorge, dass der Versicherer sich auf ein Detail beruft und damit die Zahlung verweigert bzw. hinauszögert – ein für die Angehörigen unwürdiges Prozedere, das ausgeschlossen werden soll.
Deshalb entscheiden sich mitunter auch relativ junge Versicherungsnehmer im Alter von 55-65 Jahren mit gutem Gesundheitszustand für Tarife ohne Gesundheitsfragen. Dabei tritt der Versicherungsfall bei dieser Zielgruppe in aller Regel erst nach Ablauf der fünfjährigen Frist ein, wenn Leistungsverweigerungen ohnehin nicht mehr zu erwarten sind.
Verzicht auf Gesundheitsfragen nur gegen Nachteile an anderer Stelle
Wo auf Gesundheitsfragen verzichtet wird, erfolgt eine Kompensation an anderer Stelle. Aus der Perspektive eines Versicherungsunternehmens stellt die Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsfragen, also der gänzliche Verzicht auf Fragen zu Vorerkrankungen ein Risiko dar.
- Wer sein baldiges Ableben bereits absehen kann, schließt womöglich noch eine Sterbegeldversicherung zugunsten der Angehörigen ab
- Da andere Versicherer Gesundheitsfragen stellen, treten vermehrt Neukunden mit sehr großen Risiken ein
Um diese Risiken zu begrenzen, setzen Versicherer bei der Tarifgestaltung Wartezeiten, ein niedrigeres Höchsteintrittsalter und Beitragszuschläge ein. Diese Tarifkomponenten sind auch bei Tarifen mit Gesundheitsfragen anzutreffen – allerdings seltener und in geringerem Umfang.
Wartezeiten bei den Sterbegeld Tarifen
- Bei einem Tarif mit Wartezeit erfolgt bei Tod der versicherten Person in den ersten Jahren nur eine Beitragsrückerstattung
Wo mit Sterbegeld ohne Gesundheitsfragen geworben wird, findet sich in den AVB nahezu ausnahmslos ein Hinweis auf Wartezeiten.
Dieser definiert einen Zeitraum mit eingeschränktem Versicherungsschutz. Typischerweise beschränkt sich der Schutz bei Eintritt des Versicherungsfalls in den ersten drei Jahren nach Vertragsabschluss auf die bis zu diesem Zeitpunkt eingezahlten Beiträge.
Dazu ein Fallbeispiel aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zum Sterbegeld des Anbieters HUK24. Dort findet sich in § 1 der Hinweis: „Bei Tod der versicherten Person während der ersten drei Jahre seit Beginn des Versicherungsschutzes erstatten wir die für diese Versicherung eingezahlten Beiträge unverzinst (Aufbauphase)“.
Mit der Wartezeit sichert sich der Versicherer gegen den überproportionalen Eintritt von Versicherten mit stark erhöhtem Risiko ab. Typischerweise gilt in diesen Tarifen dennoch ein sofortiger Unfallschutz, wie auch im Fall der HUK24: „Ist der Tod durch einen Unfall, der sich innerhalb der ersten drei Jahre seit Beginn des Versicherungsschutzes ereignet hat, eingetreten, zahlen wir die volle Versicherungssumme.“
Niedriges Höchsteintrittsalter
Kann ein Sterbegeldtarif ohne Gesundheitsfragen abgeschlossen werden, wirkt sich dies häufig auf das Höchsteintrittsalter aus: Versicherer schließen einen Vertragsabschluss dann bei einem niedrigeren Lebensalter aus als es bei Tarifen mit Gesundheitsfragen der Fall wäre.
Ein im Durchschnitt jüngeres Versichertenkollektiv weist statistisch gesehen eine geringere Sterblichkeit auf. Aus Sicht eines Sterbegeldversicherers sind jene Kunden ein Risiko, deren Tod eintritt, bevor die kumulierten Beitragszahlungen die Versicherungssumme erreichen bzw. übersteigen. Je niedriger das Eintrittsalter, desto geringer ist diese Risiko.
Beitragszuschläge
Für den Verzicht auf Gesundheitsfragen können Sterbegeldversicherer Beitragszuschläge festlegen. Wie hoch diese ausfallen können, soll das folgende Fallbeispiel des Versicherers ERGO Direkt verdeutlichen. Dieser bietet einen Tarif mit und ohne Gesundheitserklärung an.
In beiden Fällen wird eine dreijährige Wartezeit mit sofortigem Unfallschutz vereinbart, so dass sich die Tarife gut im Hinblick auf das Tarifmerkmal „Gesundheitsfragen“ vergleichen lassen.
In beiden Tarifen endet die Beitragszahlung zudem mit Vollendung des 85. Lebensjahres. Nur unter diesen Bedingungen ist ein Vergleich von Sterbegeld mit und ohne Gesundheitsprüfung sinnvoll.
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Für einen 60-jährigen Versicherten fallen bei 8.000 € Versicherungssumme an:
- 42,01 € Tarifbeitrag im Tarif Sterbegeldversicherung mit Gesundheitsfragen
- 49,15 € Tarifbeitrag im Tarif Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsfragen
Screenshot: Tarifberechnung bei ERGO Direkt
Ein Hinweis: Beim Vergleich verschiedener Tarife sollten nicht Zahlbeiträge, sondern Tarifbeiträge verglichen werden. Nur diese sind über das erste Versicherungsjahr hinaus verbindlich. Die Differenz zwischen Zahlbeitrag und Tarifbeitrag erklärt sich aus der sofortigen Verrechnung der Überschussanteile.
Welche Sterbegeld Gesundheitsfragen sind bei den Versicherungen üblich?
Viele Interessenten scheuen Gesundheitsfragen aufgrund der Erfahrungen mit diesem Teil des Antrags bei anderen Versicherungssparten.
Der Fragenkatalog bei einer Berufsunfähigkeits- oder Dread Disease-Versicherung kann durchaus etliche Seiten und dutzende Fragen umfassen.
Die Gesundheitsprüfungen der meisten Sterbegeldversicherungen erreichen diesen Umfang nicht.
Nachfolgend sind zwei konkrete Beispiele der Versicherer ERGO und Monuta aufgeführt.
Screenshot: Die Gesundheitsfragen der ERGO Sterbegeldversicherung
Screenshot: Die Gesundheitsfragen der Monuta Sterbegeldversicherung
Fazit:
Eine Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsfragen kann von jedem bis zum festgelegten Höchstalter abgeschlossen werden und schließt Leistungsverweigerung des Versicherers unter Hinweis auf vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen de facto aus. Im Gegenzug fallen die Beiträge höher und die Wartezeiten länger aus.
Wer nicht unter allzu schweren Vorerkrankungen leidet, sollte deshalb Tarifen mit Gesundheitsfragen nicht aus dem Weg gehen: Die Gesundheitserklärung ist bei Umfang und Tiefe nicht so anspruchsvoll wie in anderen Versicherungssparten. Wer eine Erklärung abgibt, sollte im Anbietervergleich kostengünstigen Versicherungsschutz ohne Wartezeit voraussetzen.